Am
Montag als meine Familie und ich nach Hause wollten, wurden uns die
Straßen versperrt. Als wir dann endlich einen netten Polizisten gefunden
haben, hat er uns erklärt, dass unsere Wohngegend
großräumig abgesperrt wurde und bereits viele Menschen evakuiert
wurden. In unserer Wohnnähe ist eine 100 kg Bombe aus dem Zweiten
Weltkrieg bei Bauarbeiten ausgebuddelt worden. Der Zünder ist noch
intakt, also kann diese nicht entfern werden, sondern es kommt
vor Ort ein Sonderkommando und entschärft sie. Der Polizeibeamte hat
uns gebeten unsere wichtigsten Sachen zu packen und uns in den hinteren
Räumen aufzuhalten. Also fingen wir an zu packen. Erst da wurde mir
bewusst, was ich alles mitnehmen wollte.
Nee,
es waren nicht die Möbel, Klamotten oder Scrapsachen. Es waren die
Erinnerungsstücke aus vergangenen Tagen. Die Foto-Alben meines Großen.
Da hatten wir noch keine Digi-Cam. Wenn die Fotos
verloren gehen, dann für immer. Die Kleinigkeiten, wie Milchzähne oder
Babyschühchen, die eine Mutter in eine Erinnerungskiste legt. Die
Erinnerungen von meinem Sternenkind - sind unwiederbringlich. Mit einem
Mal war all meine Vergangenheit gefährdet. Ich
holte zwei riesen Koffer und legte alles wichtige rein. Immer mit dem
Gedanken im Hinterkopf, dass das Haus zerstört werden und ein Feuer
alles verzehren könnte. Ich weiß, etwas übertriebenes Szenario -
vielleicht. Es war mir egal, das alles konnte ich nicht
einfach da lassen, da kann ich es gleich wegschmeißen.
Nun
nach dem wir fertig waren, hat sich mein Mann bei der überall stehenden
Polizei erkundigt, welche neuen Informationen es gibt. "Wenn wir wollen,
können wir warten, bis wir zwangsgeräumt werden."
War die Aussage. Also warteten wir auf gepackten Koffern. Um 18:30 war
dann der ganze Spuk vorbei. Die russische Bombe war entschärft und alles
schien den normalen Gang zu gehen. Nur ich kaute noch auf dem Gedanken
rum, wie viel die Menschen von sich selbst
da lassen, wenn sie vertrieben werden.
Das Foto zeigt mich mit einem Jahr. Jetzt habe ich diverse Fotos digitalisiert. Sonst könnte es mir passieren, dass ich oder sogar meine Kinder keine Wurzeln mehr haben.